Wann ist es möglich, eine rückwirkende Krankschreibung zu erhalten?

Rückwirkend krankschreiben: Gestattet das Arbeitsrecht ein solches Vorgehen?

Von Jörg K.

Letzte Aktualisierung am: 26. Januar 2024

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Wann ist es möglich, eine rückwirkende Krankschreibung zu erhalten?
Wann ist es möglich, eine rückwirkende Krankschreibung zu erhalten?

Grundsätzlich gilt: Wer krank ist, muss nicht zur Arbeit gehen und erhält normalerweise dennoch für eine Dauer von maximal sechs Wochen weiterhin sein Gehalt.

Dazu müssen allerdings einige Voraussetzungen erfüllt sein, zu denen vorrangig das Einreichen einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) gehört. Einzig und allein ein Arzt darf eine solche Krankschreibung nach einer entsprechenden Untersuchung ausstellen.

Die Bescheinigung fungiert als Nachweis dafür, dass der betroffene Arbeitnehmer tatsächlich arbeitsunfähig erkrankt ist und nicht einfach nur „blaumacht“. Aber was, wenn Sie als Beschäftigter schlichtweg zu krank sind, um einen Arzt aufzusuchen und sich daher erst einen oder zwei Tage später auf den Weg in die Praxis machen? Können Sie sich dann rückwirkend krankschreiben lassen? Infos dazu finden Sie im Ratgeber.

Kompaktwissen: Rückwirkende Krankschreibung

Ist es überhaupt möglich, eine rückwirkende Krankschreibung vom Arzt zu bekommen?

Generell darf die Arbeitsunfähigkeit eines Beschäftigten erst ab dem Tag bescheinigt werden, an dem eine entsprechende Untersuchung stattgefunden hat. Es gibt jedoch Ausnahmesituationen, in denen Ärzte ihre Patienten rückwirkend krankschreiben dürfen.

Wie lange darf bzw. kann ein Arzt rückwirkend krankschreiben?

Eine rückwirkende Krankschreibung ist für maximal drei Tage gestattet. Außerdem muss in jedem Fall nachvollziehbar sein, dass der Betroffene bereits vorher an einer Krankheit litt und dementsprechend seiner Tätigkeit nicht nachgehen konnte.

Was, wenn der Arzt sich weigert, die Krankschreibung rückwirkend auszustellen?

Möchte ein Arzt Sie nicht rückwirkend krankschreiben, stehen Sie demzufolge ohne Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung da und müssen mit Konsequenzen vonseiten Ihres Arbeitgebers rechnen. Zunächst einmal muss dieser Sie für die jeweiligen Fehltage nicht entlohnen. Zusätzlich kann eine Abmahnung oder schlimmstenfalls sogar eine Kündigung auf Sie zukommen.

Wann ist eine Krankschreibung vonnöten?

Ab wann Arbeitnehmer eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen müssen, regelt § 5 des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EntgFG). Im ersten Absatz des genannten Paragraphen heißt es:

[…] Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage, hat der Arbeitnehmer eine ärztliche Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer spätestens an dem darauffolgenden Arbeitstag vorzulegen. Der Arbeitgeber ist berechtigt, die Vorlage der ärztlichen Bescheinigung früher zu verlangen. […]“

Wie viele Tage kann ein Arzt rückwirkend krankschreiben?
Wie viele Tage kann ein Arzt rückwirkend krankschreiben?

Der Gesetzgeber schreibt Beschäftigten also erst dann das Einreichen einer Krankschrei­bung vor, sobald die Erkrankung über einen Zeitraum von drei Kalendertagen hinausgeht. Spätestens an Tag vier sollte der Arbeitgeber die AU erhalten.

Doch Vorsicht: Wie gerade zitiert, hat der Chef das Recht, die Bescheinigung auch früher zu verlangen. Was in Ihrem Fall gilt, können Sie in der Regel Ihrem Arbeitsvertrag entnehmen.

Die wichtigste Frage, die sich nun stellt, ist: „Kann ich mich rückwirkend krankschreiben lassen, wenn mein Arbeitgeber schon früher auf eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung besteht, ich aber nicht beim Arzt war?“

Dürfen Ärzte Patienten rückwirkend krankschreiben?

Ganz allgemein betrachtet, schreiben Ärzte nicht rückwirkend krank. Schließlich müssen sie sich an die sogenannte Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie (AU-RL) halten, die dafür sorgen soll, dass beim Ausstellen von Krankschreibungen alles mit rechten Dingen zugeht. Gemäß § 5 Absatz 3 AU-RL darf eine vorliegende Arbeitsunfähigkeit erst ab dem Tag bescheinigt werden, an dem die Untersuchung stattfand und der betroffene Arzt den Patienten in Augenschein nehmen konnte.

Wie so oft gibt es jedoch auch von dieser Vorschrift eine Ausnahme. Unter bestimmten Voraussetzungen kann ein Arzt also doch rückwirkend krankschreiben. Aber wann genau ist das der Fall und für wie viele Tage darf er rückwirkend eine Krankschreibung ausstellen? Diese Information befindet sich ebenfalls in § 5 Absatz 3 AU-RL:

[…] Eine Rückdatierung des Beginns der Arbeitsunfähigkeit auf einen vor dem Behandlungsbeginn liegenden Tag ist ebenso wie eine rückwirkende Bescheinigung über das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit nur ausnahmsweise und nur nach gewissenhafter Prüfung und in der Regel nur bis zu drei Tagen zulässig. […]“

Zwar kann Sie ein Arzt z. B. 1 Tag rückwirkend krankschreiben, dazu ist er allerdings nicht verpflichtet.
Zwar kann Sie ein Arzt z. B. 1 Tag rückwirkend krankschreiben, dazu ist er allerdings nicht verpflichtet.

Die Antwort auf die Frage: „Wie lange kann der Arzt rückwirkend krankschreiben?“ lautet demzufolge: maximal drei Tage und nur in Ausnahmesituationen. Es muss für den betroffenen Arzt also absolut nachvollziehbar und glaubhaft sein, dass Sie an den vorherigen Tagen zu krank waren, um die Praxis aufzusuchen, geschweige denn zur Arbeit zu gehen. Wirken Sie bei der Untersuchung topfit und es sind keine Anzeichen einer Krankheit zu erkennen, wird er Sie mit großer Sicherheit nicht rückwirkend krankschreiben.

Wenn der Arzt die rückwirkende Krankschreibung verweigert

Zwar können Ärzte rückwirkend krankschreiben, daraus ergibt sich allerdings nicht zwangsläufig, dass sie es auch tatsächlich tun. Schließlich ist ihnen das Ganze nur ausnahmsweise für drei Tage gestattet und auch nur, wenn erkennbar ist, dass der betroffene Arbeitnehmer bereits seit mehreren Tagen erkrankt war.

Sind schon mehr als drei Tage vergangen oder der Arzt zweifelt Ihre vermeintlich schon länger andauernde Erkrankung an, kann er sich also durchaus weigern, Ihnen eine rückwirkende Krankschreibung auszustellen. Laut Arbeitsrecht können in einer solchen Situation mehrere Konsequenzen auf Sie zukommen.

Deckt die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht den gesamten Krankheitszeitraum ab oder Sie reichen erst gar keine ein, kann Ihr Chef zunächst einmal Ihren Lohn für die Fehltage einbehalten. Darüber hinaus kann eine Abmahnung oder schlimmstenfalls eine Kündigung auf Sie zukommen, wenn Sie bereits häufiger ohne Krankschreibung der Arbeit ferngeblieben sind.

Bildnachweise: depositphotos.com/IgorVetushko, depositphotos.com/AllaSerebrina, fotolia.com/stadtratte

Quellen und weiterführende Links

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Über den Autor

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Jörg K.

Jörg hat Rechtswissenschaften an der Universität Passau studiert. Nachdem er Erfahrung in verschiedenen Verlagen gesammelt hat, stieß er 2019 zur Redaktion von arbeitsvertrag.org. In seinen Ratgebern befasst er sich mit verschiedenen Themen rund um Arbeitsrecht.

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