Mindestlohn in der Ausbildung: Oft müssen Azubis darauf verzichten

Von Jörg K.

Letzte Aktualisierung am: 6. Februar 2024

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Mindestlohn in der Ausbildung ist nicht  gesetzlich vorgeschrieben.
Mindestlohn in der Ausbildung ist nicht gesetzlich vorgeschrieben.

Lehrjahre sind keine Herrenjahre. Diese bekannte Redensart soll mitunter ausdrücken, dass Auszubildende sich innerhalb der beruflichen Lehre besonders anstrengen müssen und noch nicht alle Privilegien von ausgelernten Kräften genießen können. Doch wirkt sich das auch aufs Gehalt aus?

So fragt sich nicht selten der ein oder andere Azubi: Ist ein Mindestlohn in der Ausbildung eigentlich vorgeschrieben? Eine konkrete Antwort hält der folgende Ratgeber bereit.

Hier werden Sie darüber aufgeklärt, welche Faktoren beim Mindestlohn für Auszubildende entscheidend sind und welche grundlegenden Ausnahmeregelungen der Gesetzgeber bewusst aufgestellt hat.

Verwenden Sie den Mindestlohn-Rechner!

Kompaktwissen: Mindestlohn in der Ausbildung

Muss der gesetzliche Mindestlohn in der Ausbildung gezahlt werden?

Nein, Auszubildende erhalten den gesetzlichen Mindestlohn nicht.

Haben Auszubildende trotzdem das Recht auf eine Mindestvergütung?

Seit dem 1. Januar 2020 existiert ein eigener Mindestlohn für Azubis. Dieser muss jedoch nur bei Ausbildungsverhältnissen gezahlt werden, die in diesem Jahr begonnen haben.

Welche Ausnahmen gibt es noch vom Mindestlohn?

Wer außerdem von der gesetzlichen Lohnuntergrenze ausgenommen ist, verrät unser Ratgeber zum Thema.

Klare Ausnahmeregelungen zum Mindestlohn

Nicht nur Auszubildende müssen auf den gesetzlichen Mindestlohn verzichten. Doch woran liegt das? Tatsächlich wurde der Mindestlohn, der seit dem 1. Januar 2015 in vielen Bereichen gezahlt werden muss, eingeführt, um Phänomene wie Lohndumping durch ausländische Billigkonkurrenz aufzuhalten.

Jeder Beschäftigte soll durch die Ausübung einer Vollzeittätigkeit die Möglichkeit besitzen, ein angemessenes Leben zu führen, in dem keine Armut zu befürchten ist. Folglich wurde der Mindestlohn auch möglichst flächendeckend eingeführt. Einige Ausnahmeregelungen wurden jedoch auch aufgestellt, um bestimmte Negativfolgen zu vermeiden.

So galten bis zum 31. Dezember 2017 noch einige Übergangsregelungen. Seitdem diese abgelaufen sind, spätestens also seit dem 1. Januar 2018, gilt der allgemeingültige gesetzliche Mindestlohn.

Es gibt zwar keine Mindestvergütung in der Ausildung, jedoch existieren zusätzliche Finanzhilfen.
Es gibt zwar keine Mindestvergütung in der Ausildung, jedoch existieren zusätzliche Finanzhilfen.

Dieser betrifft aber wiederum nicht alle Praktikanten, die erste berufliche Erfahrungen in Unternehmen sammeln. Dauert ein freiwilliges Praktikum nicht länger als drei Monate oder wird dieses im Rahmen einer hochschulischen Ausbildung absolviert, gibt es keinen Anspruch auf Mindestvergütung.

Doch warum findet der gesetzliche Mindestlohn von 12,41 Euro (Stand: Januar 2024) brutto pro Stunde in der Ausbildung keine Anwendung?

Zum einen liegt das an der Voraussetzung der Volljährigkeit. Unter 18-Jährige, welche einen Großteil der Azubis ausmachen, können sich ebenfalls nicht auf Mindestlöhne berufen. Doch auch der Mindestlohn bei Auszubildenden, die das 18. Lebensjahr erreicht bzw. überschritten haben, ist dem MiLoG zufolge ausgeschlossen.

Dies bedeutet jedoch nicht, dass es keine anderweitige Mindestvergütung für Azubis gibt. Diese sind zwar nicht in einem Arbeits-, sondern in einem Ausbildungsverhältnis tätig und gleichen vom Status her nicht einem Arbeitnehmer, weshalb sie auch nicht mit 12,41 Euro (Stand: Januar 2024) entlohnt werden müssen. Allerdings wurde am 1. Januar 2020 ein spezieller Mindestlohn in der Ausbildung eingeführt. Mehr dazu finden Sie im nächsten Absatz.

Wer erhält in der Ausbildung einen speziellen Mindestlohn?

Am 1. Januar 2020 hat der Bundesrat entschieden, einen gesonderten Mindestlohn in der Ausbildung einzuführen. Die Vorschriften dazu befinden sich im „Gesetz zur Modernisierung und Stärkung der beruflichen Bildung“. Im ersten Lehrjahr müssen mindestens 585 Euro im Monat gezahlt werden (Stand: 2022). 2023 soll dieser Betrag auf 620 Euro monatlich ansteigen.

Zudem soll dieser Mindestlohn in der Ausbildung gewährleisten, dass Azubis im zweiten, dritten und vierten Jahr mehr verdienen. Die genannten Beträge sollen im zweiten Lehrjahr um 18 Prozent, im dritten um 35 Prozent und im vierten um 40 Prozent ansteigen. Achtung: Die Regelungen gelten ausschließlich für Ausbildungsverhältnisse, die ab dem Jahr 2020 begonnen haben. Für im Vorfeld geschlossene Ausbildungsverträge gilt das Ganze entsprechend nicht.

Ein fehlender Mindestlohn in der Ausbildung kann das Gehalt, je nach Branche und Lehrberuf, schon etwas schmaler ausfallen lassen. Doch es gibt Mittel und Wege der Kompensation, selbst wenn das Ausbildungsverhältnis vor 2020 geschlossen wurde. So kann unter bestimmten Voraussetzungen beispielsweise ein Finanzzuschuss durch die Bundesagentur für Arbeit erfolgen, der als Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) bekannt ist. Dabei gilt:

  • Es muss ein anerkannter Ausbildungsberuf vorliegen, der in Verbindung zu einem Betrieb steht.
  • Wer im Rahmen des Ausbildungsverhältnisses nicht bei den Eltern wohnen kann bzw. umziehen muss, kann außerdem mit Wohngeld unterstützt werden.
  • Dabei muss nachgewiesen werden, dass weder die Eltern noch ein Ehepartner finanzielle Unterstützung geben können.

Diese Zusatzhilfe sorgt auch bei fehlendem Mindestlohn in der Ausbildung dafür, dass die Lehrjahre in Unternehmen und Berufsschule angemessen verlebt werden können.

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Über den Autor

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Jörg K.

Jörg hat Rechtswissenschaften an der Universität Passau studiert. Nachdem er Erfahrung in verschiedenen Verlagen gesammelt hat, stieß er 2019 zur Redaktion von arbeitsvertrag.org. In seinen Ratgebern befasst er sich mit verschiedenen Themen rund um Arbeitsrecht.

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