In tarifgebundenen Unternehmen kommt die tarifvertragliche Kündigungsfrist zur Anwendung statt der gesetzlichen Frist.

Tarifvertragliche Kündigungsfrist: Alles wichtige im Überblick

Artikel verfasst von Sascha Münch

Letzte Aktualisierung am: 23. Oktober 2025

Geschätzte Lesezeit: 6 Minuten

Worauf gilt es hinsichtlich der Kündigungsfrist zu achten?

In tarifgebundenen Unternehmen kommt die tarifvertragliche Kündigungsfrist zur Anwendung statt der gesetzlichen Frist.
In tarifgebundenen Unternehmen kommt die tarifvertragliche Kündigungsfrist zur Anwendung statt der gesetzlichen Frist.

Möchte ein Arbeitnehmer oder ein Arbeitgeber ein bestehendes Arbeitsverhältnis beenden, gilt es laut Arbeitsrecht eine entsprechende Kündigungsfrist einzuhalten. Geregelt ist die gesetzliche Kündigungsfrist in § 622 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).

Abweichend hiervon können in einem Arbeitsvertrag oder in einem Tarifvertrag andere Regelungen bestehen. Diese können sowohl länger als auch kürzer als die gesetzlichen Fristen sein.

Kompaktwissen: Tarifvertragliche Kündigungsfrist

Wie lange ist die tarifliche Kündigungsfrist?

Die tarifvertragliche Kündigungsfrist ist je nach Branche und Tarifabschluss unterschiedlich. Teilweise bestehen innerhalb einer Branche sogar unterschiedliche Kündigungsfristen, je nachdem, in welchem Bundesland sich der Arbeitgeber befindet.

Wo finde ich die tarifliche Kündigungsfrist?

Die für Ihre Branche geltende tarifvertragliche Kündigungsfrist entnehmen Sie dem jeweiligen Tarifvertrag. Häufig ist diese im sogenannten Manteltarifvertrag der entsprechenden Branche aufgeführt.

Was für unterschiedliche Tarifverträge gibt es?

In vielen Branchen gibt es unterschiedliche Tarifabschlüsse, weshalb auch mehrere Tarifverträge bestehen. Hierzu zählen zum Beispiel Lohntarifverträge, Gehaltstarifverträge, Manteltarifverträge, Verbandstarifverträge und Firmentarifverträge. Mehr Informationen dazu erhalten Sie hier.

Was bedeutet „Kündigungsfrist nach Tarifvertrag“?

Die Kündigungsfrist im Tarifvertrag kann von der gesetzlichen Frist abweichen.
Die Kündigungsfrist im Tarifvertrag kann von der gesetzlichen Frist abweichen.

Kündigungsfristen sind gesetzlich geregelt und gelten sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer. Für Arbeitgeber bestehen oftmals andere Kündigungsfristen, die typischerweise mit der Betriebszugehörigkeit ansteigen. Falls nichts anderes vereinbart ist, gilt für den Arbeitnehmer nach der Probezeit eine Kündigungsfrist von 4 Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats.

Welche Kündigungsfrist es bei der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber einzuhalten gilt, finden Sie in den ersten drei Absätzen des § 622 BGB.

  • während der Probezeit: 2 Wochen
  • nach der Probezeit: 4 Wochen zum 15. oder Monatsende
  • nach 2 Jahren: 1 Monat zum Monatsende
  • nach 5 Jahren: 2 Monate zum Monatsende
  • nach 8 Jahren: 3 Monate zum Monatsende
  • nach 10 Jahren: 4 Monate zum Monatsende
  • nach 12 Jahren: 5 Monate zum Monatsende
  • nach 15 Jahren: 6 Monate zum Monatsende
  • nach 20 Jahren: 7 Monate zum Monatsende

Gemäß § 622 Abs. 4 BGB kann in einem Tarifvertrag eine andere Kündigungsfrist vereinbart werden. Eine solche tarifvertragliche Kündigungsfrist kann sowohl länger als auch kürzer sein. In diesem Fall wird von einer Kündigungsfrist nach Tarifvertrag gesprochen.

Was gilt: Gesetzliche oder tarifvertragliche Kündigungsfrist?

Besteht eine andere Kündigungsfrist für Arbeitnehmer im Tarifvertrag, gibt § 622 BGB vor, dass diese über den gesetzlichen Regelungen steht. Gleiches gilt für die Kündigungsfrist des Arbeitgebers. Es gilt somit immer die tarifvertragliche Kündigungsfrist.

Von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Regelungen können durch Tarifvertrag vereinbart werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags gelten die abweichenden tarifvertraglichen Bestimmungen zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, wenn ihre Anwendung zwischen ihnen vereinbart ist.

Grundsätzlich haben tarifvertragliche Vereinbarung im Arbeitsrecht keinen Vorrang. Dies ist jedoch anders, wenn im Gesetz entsprechende Ausnahmen erwähnt sind. Bei einem Tarifvertrag handelt es sich stets um eine Vereinbarung zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften, welche als Arbeitnehmervertreter auftreten.

Während gesetzliche Regelungen recht allgemeingültig sind, gehen die im Tarifvertrag vereinbarten Regelungen speziell auf die Bedürfnisse der jeweiligen Branche ein. In der Rangfolge stehen sie immer über einzelvertraglichen Vereinbarungen wie beispielsweise einem Arbeitsvertrag oder einer Betriebsvereinbarung.

Kündigungsfrist bei einem Tarifvertrag: Welche unterschiedlichen Regelungen gibt es?

In Deutschland gibt es laut dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) mehr als 7.000 Tarifverträge. Bei mehr als der Hälfte davon handelt es sich um Firmen- beziehungsweise Unternehmenstarifverträge.

Viele dieser Tarifverträge enthalten unterschiedliche Regelungen beispielsweise hinsichtlich der Kündigungsfrist. So gilt beispielsweise eine andere Kündigungsfrist im Tarifvertrag von Verdi als in einem Tarifvertrag der IG Metall.

Kündigungsfrist im Tarifvertrag der IG Metall

Die tarifvertragliche Kündigungsfrist in IG-Metall-Tarifverträgen ist je nach Bundesland unterschiedlich.
Die tarifvertragliche Kündigungsfrist in IG-Metall-Tarifverträgen ist je nach Bundesland unterschiedlich.

Die Interessengemeinschaft Metall (IG Metall) ist mit mehr als 2 Millionen Mitgliedern die größte deutsche Einzelgewerkschaft. Sie wurde 1949 gegründet und vertritt Arbeitnehmer aus den Branchen Metall und Elektro, Stahl, Textil und Bekleidung, Holz und Kunststoff sowie Informations- und Kommunikationstechnologie.

Im Tarifbereich der IG Metall kann die Kündigungsfrist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich sein. Viele Tarifabschlüsse orientieren sich jedoch an den gesetzlichen Fristen.

Doch nicht immer beträgt in einem IG-Metall-Tarifvertrag die Kündigungsfrist für Arbeitnehmer 4 Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats. Ebenso weicht in dem ein oder anderen Tarifvertrag der IG Metall die Kündigungsfrist für Arbeitgeber von den gesetzlichen Regelungen ab. So gelten beispielsweise in Baden-Württemberg andere Fristen als im BGB.

Hier gilt für einen Arbeitnehmer eine grundlegende Kündigungsfrist von 1 Monat zum Monatsende in den ersten 3 Monaten der Beschäftigung. Anschließend können Arbeitnehmer und Arbeitgeber den Arbeitsvertrag mit einer Frist von 2 Monaten zum Ende eines Kalendermonats kündigen. Für Arbeitgeber steigt die Kündigungsfrist zudem mit der jeweiligen Beschäftigungsdauer weiter an:

  • innerhalb der ersten 3 Monate: 1 Monat zum Monatsende
  • anschließend: 2 Monate zum Quartalsende
  • nach 5 Jahren: 3 Monate zum Quartalsende
  • nach 8 Jahren: 4 Monate zum Quartalsende
  • nach 10 Jahren: 5 Monate zum Quartalsende
  • nach 12 Jahren: 6 Monate zum Quartalsende

Tarifverträge – Viele Tarifverträge werden von der jeweiligen Gewerkschaft nur Mitgliedern und Mitgliedsunternehmen bereitgestellt. Oftmals ist kein genauer Einblick in das jeweilige Tarifwerk für Außenstehende möglich.

Kündigungsfrist im Tarifvertrag der chemischen Industrie

Tarifvertrag im Bereich Chemie: Die gesetzliche Kündigungsfrist gilt für Arbeitnehmer.
Tarifvertrag im Bereich Chemie: Die gesetzliche Kündigungsfrist gilt für Arbeitnehmer.

Im Tarifbereich der Interessengemeinschaft Bergbau, Chemie, Energie (IGBCE) gibt es ebenfalls zahlreiche unterschiedliche Tarifabschlüsse. Beispielsweise bestehen Unterschiede zwischen den Tarifgebieten West und Ost.

Für einzelne Branchen bestehen außerdem eigene Tarifabschlüsse. Zusätzlich gibt es Unterschiede zwischen Arbeitern und Akademikern.

Gemäß § 11 des Manteltarifvertrags Chemie orientierte sich die Kündigungsfrist nach der Betriebszugehörigkeit und dem Alter eines Arbeitnehmers. Beide Werte wurden darin addiert und bildeten die sogenannte Messzahl.

Dieses Verfahren wurde jedoch in einem Urteil des Arbeitsgerichts Hannover aus dem Jahr 2017 für rechtswidrig erklärt, da dies gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verstößt und zu einer Diskriminierung jüngerer Arbeitnehmer führt.

Demzufolge ist die im Tarifvertrag Chemie genannte Kündigungsfrist für Arbeitnehmer und Arbeitgeber nicht mehr gültig und es gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen. Ausnahmen können durch einzelne Tarifverträge in der Branche bestehen.

Kündigungsfristen in den Tarifverträgen von Verdi

Für die tarifvertragliche Kündigungsfrist im Einzelhandel ist der Unternehmensstandort entscheidend.
Für die tarifvertragliche Kündigungsfrist im Einzelhandel ist der Unternehmensstandort entscheidend.

Neben der IG Metall gilt Verdi als eine der größten Gewerkschaften in Deutschland. Zum Tarifbereich von Verdi zählen ebenfalls mehrere Branchen. So gilt beispielsweise der TVöD (Tarifvertrag im öffentlichen Dienst) als ein bekannter Verdi-Tarifvertrag. Die Kündigungsfrist beträgt laut § 34 TVöD:

  • bis 6 Monate: 2 Wochen zum Monatsende
  • bis 1 Jahr: 1 Monat zum Monatsende
  • mehr als 1 Jahr: 6 Wochen zum Quartalsende
  • ab 5 Jahren: 3 Monate zum Quartalsende
  • ab 8 Jahren: 4 Monate zum Quartalsende
  • ab 10 Jahren: 5 Monate zum Quartalsende
  • ab 12 Jahren: 6 Monate zum Quartalsende

Tarifgebiet West – Beträgt die Beschäftigungsdauer im Tarifgebiet West 15 Jahre oder mehr und Sie sind mindestens 40 Jahre alt, gilt ein besonderer Kündigungsschutz und Sie sind nahezu unkündbar.

Ein weiterer bekannter Tarifbereich von Verdi ist der Einzelhandel. Die Kündigungsfrist im Tarifvertrag Einzelhandel unterscheidet sich ebenfalls von den gesetzlichen Regelungen. Wie bei vielen anderen Branchen ist der jeweilige Unternehmensstandort dabei entscheidend. So gibt je nach Bundesland im Tarifvertrag Einzelhandel eine unterschiedliche Kündigungsfrist.

In NRW und Bayern liegt die sogenannte Grundkündigungsfrist bei 6 Wochen zum Monatsende. Einzelvertragliche Vereinbarungen erlauben jedoch auch hierzu Abweichungen, sofern eine Frist von mindestens 1 Monat zum Monatsende eingehalten wird (Mindestkündigungsfrist). Anschließend beträgt die tarifvertragliche Kündigungsfrist für Arbeitgeber:

  • ab 5 Jahren: 3 Monate zum Monatsende
  • ab 8 Jahren: 4 Monate zum Monatsende
  • ab 10 Jahren: 5 Monate zum Monatsende
  • ab 12 Jahren: 6 Monate zum Monatsende

Berlin und Brandenburg – In Berlin und Brandenburg gilt zusätzlich ab 15 Jahren Betriebszugehörigkeit eine Frist von 7 Monaten zum Monatsende.

In Baden-Württemberg beträgt die im Tarifvertrag genannte Kündigungsfrist für Arbeitnehmer und Arbeitgeber in den ersten 4 Wochen 1 Woche. Bei einer Beschäftigungsdauer bis 6 Monate erhöht sich diese auf 2 Wochen und anschließend auf 4 Wochen zum Monatsende. Für den Arbeitgeber steigt die Kündigungsfrist entsprechend weiter an:

  • ab 2 Jahren: 1 Monat zum Monatsende
  • ab 5 Jahren: 2 Monate zum Monatsende
  • ab 8 Jahren: 3 Monate zum Monatsende
  • ab 10 Jahren: 4 Monate zum Monatsende
  • ab 12 Jahren: 5 Monate zum Monatsende
  • ab 15 Jahren: 6 Monate zum Monatsende

Kündigungsfristen im Manteltarifvertrag der Zeitarbeit

Welche Kündigungsfristen gelten im Manteltarifvertrag der Zeitarbeit?
Welche Kündigungsfristen gelten im Manteltarifvertrag der Zeitarbeit?

Die meisten Zeitarbeitsunternehmen gehören dem Tarifverbund des iGZ (Interessengemeinschaft Zeitarbeit) oder dem BAP (Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister) an. Beide Tarifverträge enthalten unterschiedliche Kündigungsfristen innerhalb der Probezeit.

So gilt beispielsweise im iGZ-Tarifvertrag eine Kündigungsfrist in den ersten 4 Wochen von 2 Tagen. Bis zu einer Beschäftigungsdauer von 2 Monaten lässt sich ein Arbeitsverhältnis laut Manteltarifvertrag iGZ mit einer Kündigungsfrist von 1 Woche kündigen (§ 2 iGZ-Manteltarifvertrag).

Gemäß § 9 BAP-Manteltarifvertrag gilt hingegen in den ersten 2 Wochen eine Kündigungsfrist von 1 Tag. Dies gilt allerdings lediglich für Neueinstellungen. Bis zu einer Beschäftigungsdauer von 3 Monaten beträgt die Frist 1 Woche.

Quellen und weiterführende Links

1 Stern2 Sterne3 Sterne4 Sterne5 Sterne (47 Bewertungen, Durchschnitt: 4,10 von 5)
Loading ratings...Loading...

Über den Autor

Sascha Münch (Rechtsanwalt)
Sascha Münch

Sascha Münch hat sein Jura-Studium in Bremen abgeschlossen und anschließend sein Referendariat am OLG Celle absolviert. Seit 2013 ist er zugelassener Rechtsanwalt. Obendrein wurde er 2019 zum Notar bestellt, ist aber seit 2021 außer Dienst. Zu seinen Themenschwerpunkten gehört u. a. Vertragsrecht.

Bildnachweise

Hinterlassen Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert